
Die präzise Fokussierung stellt den kritischsten Einzelschritt für die Erzielung scharfer Aufnahmen in der Astrofotografie dar. Da die Himmelsobjekte unendlich weit entfernt sind, funktioniert der automatische Fokus moderner Kameras im nächtlichen Dunkel nicht zuverlässig. Es ist daher zwingend erforderlich, auf manuelle Techniken zurückzugreifen, um die Sterne punktförmig abzubilden. Die Hauptaufgabe der Fokussierung ist es, das Licht der Sterne auf dem Kamerasensor auf einem minimalen Punkt zu bündeln. Bereits eine geringfügige Abweichung von diesem Idealpunkt führt zu unscharfen, aufgeblähten Sternscheibchen, was die Qualität der gesamten Aufnahme drastisch reduziert.
Die gängigste Methode für den Einstieg beinhaltet die Nutzung des Live-View-Modus der Kamera. Man wählt dabei einen ausreichend hellen Stern als Referenzobjekt im Kamerasucher oder Display aus. Durch Aktivieren der maximalen digitalen Vergrößerungsfunktion der Kamera wird der ausgewählte Stern auf dem Display stark vergrößert dargestellt. Anschließend wird der Fokusring des Objektivs behutsam und schrittweise verstellt. Dies geschieht, bis das helle Objekt im vergrößerten Ausschnitt seine kleinste und schärfste Gestalt annimmt.
Für maximale Präzision, insbesondere bei längeren Brennweiten und Teleskopen, kommt die Bahtinov-Maske zum Einsatz. Diese Maske, vor die Optik gesetzt, erzeugt ein charakteristisches Beugungsmuster mit drei Lichtstrichen, den sogenannten Spikes. Die perfekte Schärfe ist erreicht, wenn der zentrale Spike exakt symmetrisch zwischen den beiden äußeren Spikes positioniert ist und diese kreuzt.
Sobald der optimale Fokus gefunden wurde, sollte die Position des Fokusrings mechanisch gesichert werden, oft durch einen Streifen Klebeband. Dies dient der Vermeidung einer unerwünschten Fokusdrift während der Belichtungszeit. Temperaturabfälle im Verlauf der Nacht können zudem Materialkontraktionen verursachen, welche eine leichte Fokusverschiebung nach sich ziehen können. Aus diesem Grund ist eine regelmäßige Überprüfung des Fokus während langer Aufnahmesitzungen unentbehrlich. Nur durch diese akribische manuelle Einstellung können später bei der Bildbearbeitung die feinsten Strukturen von Galaxien und Nebeln detailreich herausgearbeitet werden.
Die Hauptmethoden der Fokussierung
Manuelles Fokussieren über den Live-View der Spiegelreflexkamera

Das manuelle Fokussieren über den Live-View-Modus ist die grundlegende und am häufigsten angewandte Technik in der Amateur- und Deep-Sky-Astrofotografie. Sie ist notwendig, weil der automatische Fokus der Kamera in der Dunkelheit schlichtweg versagt und die unendliche Entfernung der Himmelskörper präzise eingestellt werden muss. Zunächst muss sichergestellt werden, dass der Autofokus-Schalter am Objektiv oder Kameragehäuse vollständig deaktiviert ist, um unerwünschte Anpassungen zu verhindern. Im ersten Schritt wird die Kamera auf ein auffällig helles Himmelsobjekt ausgerichtet, wie zum Beispiel einen prominenten Stern oder einen hellen Planeten. Dieses Objekt dient lediglich als Ankerpunkt für die Scharfstellung.
Anschließend wird die Kamera in den Live-View-Modus geschaltet, sodass das Bild in Echtzeit auf dem Display erscheint. Jetzt kommt die entscheidende Funktion ins Spiel, nämlich die digitale Zoom- oder Vergrößerungsfunktion des Live-View. Man vergrößert das Sternbild auf die höchste verfügbare Stufe, oft zehnfach, um eine genaue Beurteilung zu ermöglichen. Das Ziel ist es, den Fokusring des Objektivs so lange zu drehen, bis der hell dargestellte Stern so klein und punktförmig wie möglich erscheint. Jede leichte Unschärfe führt dazu, dass der Stern aufgebläht oder verschwommen wirkt.
Dieser Vorgang erfordert Geduld und eine sehr feine Motorik, da schon minimale Drehungen am Fokusring eine große Auswirkung haben. Der optimale Fokuspunkt ist erreicht, wenn das Licht des Sterns auf einem minimalen Pixelbereich des Sensors gebündelt wird. Manchmal ist es hilfreich, leicht über den besten Fokuspunkt hinaus und wieder zurück zu fokussieren, um den Sweet Spot exakt zu identifizieren. Nach der erfolgreichen Fokussierung ist es ratsam, das Objektiv leicht zu sichern, beispielsweise durch ein kleines Stück Klebeband, um ein versehentliches Verstellen während der Belichtungsserie zu verhindern. Diese Methode bildet die Grundlage für alle weiteren Aufnahmen und garantiert die notwendige Schärfe für die spätere aufwendige Bildbearbeitung. Eine regelmäßige Überprüfung des Fokus, insbesondere bei Temperaturänderungen, ist immer zu empfehlen.
Dies ist die gängigste Methode für Kameras (DSLR/DSLM) und erfordert einen hellen Stern als Zielobjekt.
- Vorbereitung: Den Autofokus (AF) am Objektiv ausschalten. Den Fokusring des Objektivs grob auf die Unendlich-Markierung (∞) stellen (Achtung: diese ist oft ungenau!).
- Vorgehen:
- Die Kamera in den Live-View-Modus schalten.
- Ein helles Sternobjekt im Display suchen.
- Die Bildschirmlupe (Vergrößerungsfunktion) der Kamera auf die höchste Stufe (z. B. 10x) schalten und den hellen Stern im Ausschnitt platzieren.
- Den Fokusring vorsichtig verstellen, bis der Stern so klein und punktförmig wie möglich erscheint. Je kleiner der Stern, desto besser der Fokus.
- Fixierung: Ist der Fokus gefunden, sollte der Fokusring mit einem Klebestreifen gesichert werden, um unbeabsichtigtes Verstellen oder „Fokus-Drift“ durch Temperaturänderungen zu verhindern.
Die manuelle Fokussierung mithilfe des Live-View-Modus der Kamera ist die primäre Technik für die Astrofotografie, insbesondere für Amateure und bei der Deep-Sky-Fotografie ohne spezielle Autofokus-Hilfsmittel. Sie nutzt die Vergrößerungsfunktion der Kamera, um eine präzise Scharfeinstellung zu gewährleisten.
| Schritt | Aktion | Zielsetzung |
| 1. Vorbereitung | Autofokus (AF) am Objektiv/Teleskop deaktivieren. | Verhindert, dass die Kamera versucht, selbst scharfzustellen. |
| 2. Zielauswahl | Die Kamera auf einen sehr hellen Stern oder Planeten ausrichten. | Ein helles Objekt liefert ausreichend Licht für die Darstellung im Live-View. |
| 3. Live-View | Die Kamera in den Live-View-Modus (Echtzeit-Vorschau auf dem Display) schalten. | Ermöglicht die direkte visuelle Kontrolle der Schärfe. |
| 4. Vergrößerung | Die digitale Lupe (Vergrößerungsfunktion, z. B. 5x, 10x) auf den Stern anwenden. | Macht kleinste Details des Sternbildes sichtbar und erleichtert die Feineinstellung. |
| 5. Fokussieren | Den Fokusring des Objektivs sehr vorsichtig verstellen. | Ziel ist es, den Stern so punktförmig und klein wie möglich darzustellen. |
| 6. Feinabstimmung | Leicht über den Schärfepunkt hinaus- und wieder zurückdrehen, um den optimalen Punkt zu finden. | Identifiziert den exakten Punkt, an dem die Lichtbündelung maximal ist. |
| 7. Fixierung | Den Fokusring nach erfolgreicher Scharfeinstellung mit einem Klebeband sichern. | Verhindert unbeabsichtigtes Verstellen und Fokus-Drift durch Temperaturschwankungen. |
Fokussierung mit der Bahtinov-Maske

Die Fokussierung mittels einer Bahtinov-Maske gilt als die präziseste optische Methode zur Erreichung der optimalen Schärfe in der Astrofotografie. Sie ist besonders effektiv bei Teleskopen und Objektiven mit längeren Brennweiten, wo die manuelle Beurteilung der Sternpunktschärfe schwierig wird. Die Bahtinov-Maske besteht aus einer Platte mit einem sorgfältig berechneten Muster aus feinen, parallelen Schlitzen. Diese Maske wird direkt vor die Objektivöffnung oder das Teleskop gesetzt, noch bevor die Belichtung begonnen wird.
Sobald die Maske montiert ist, richtet man die Kamera auf einen ausreichend hellen Einzelstern im Sichtfeld aus, der als Fokusziel dient. Durch das Schlitzmuster der Maske wird das einfallende Licht gebeugt, wodurch ein unverwechselbares Beugungsmuster auf dem Sensor erzeugt wird. Dieses Muster erscheint als eine Gruppe von drei deutlichen Lichtstrichen, den sogenannten Spikes, die sich gegenseitig kreuzen.
Nun beginnt man, den Fokusring des Instruments langsam zu drehen, während man das Muster über den Live-View-Modus der Kamera beobachtet. Die entscheidende Bewegung liegt in der Zentrierung des Musters. Ziel ist es, den mittleren, durchgehenden Lichtstrichel exakt so zu positionieren, dass er die Symmetrieachse zwischen den beiden äußeren, gekreuzten Spikes bildet. Wenn das Bild noch unscharf ist, verschiebt sich dieser zentrale Strich asymmetrisch zur einen oder anderen Seite.
Der Moment der perfekten Fokussierung ist erreicht, wenn alle drei Lichtstriche in einer harmonischen und exakten Symmetrie zueinander stehen. Dies indiziert, dass das Licht des Sterns maximal gebündelt wird und die Schärfe optimal ist. Im Gegensatz zur subjektiven Methode der visuellen Beurteilung bietet die Maske eine klare, visuelle Rückmeldung zur Korrektheit des Fokus. Nach Erreichen dieser perfekten Symmetrie wird die Maske vorsichtig entfernt und die eigentliche Belichtungsserie kann beginnen. Diese Technik eliminiert nahezu alle menschlichen Fehlerquellen bei der Scharfstellung.
Die Bahtinov-Maske ist ein essentielles Hilfsmittel für extrem präzise Scharfstellung, besonders bei längeren Brennweiten (Teleskopen).
- Funktion: Die Maske besteht aus einem Muster von drei parallelen Gittern und wird vor das Teleskop oder Objektiv gesetzt.
- Vorgehen:
- Die Maske aufsetzen und die Kamera auf einen hellen Stern ausrichten.
- Die Maske erzeugt ein charakteristisches Beugungsmuster in Form von drei Stacheln (Spikes), die sich kreuzen.
- Den Fokusring so lange verstellen, bis der zentrale Spik exakt symmetrisch zwischen den beiden äußeren Spikes liegt und diese in der Mitte schneidet (ein X mit einem perfekt zentrierten, durchgehenden Strich).
- Vorteil: Diese Methode ist visuell sehr eindeutig und genauer als nur die subjektive Beurteilung der Sternengröße.
Die Bahtinov-Maske ist ein unverzichtbares Hilfsmittel für eine extrem präzise Scharfstellung in der Astrofotografie, insbesondere bei längeren Brennweiten. Sie wandelt Sterne in ein eindeutiges Beugungsmuster um, wodurch die Schärfe objektiv beurteilt werden kann.
| Schritt | Aktion | Zielsetzung |
| 1. Vorbereitung | Autofokus (AF) deaktivieren. | Sicherstellen, dass die Fokussierung nur manuell erfolgt. |
| 2. Montage | Die Bahtinov-Maske sicher vor die Öffnung des Objektivs oder Teleskops setzen. | Erzeugung des notwendigen Beugungsmusters zur Schärfekontrolle. |
| 3. Zielauswahl | Das Instrument auf einen hellen Einzelstern im Sichtfeld ausrichten. | Ein heller Stern ist notwendig, um das Beugungsmuster klar auf dem Sensor abzubilden. |
| 4. Musteranzeige | Den Live-View-Modus der Kamera aktivieren. | Sichtbarmachen des durch die Maske erzeugten Musters auf dem Display. |
| 5. Fokussieren | Den Fokusring langsam und kontinuierlich verstellen. | Beobachtung der drei Lichtstriche (Spikes), die sich auf dem Display bewegen. |
| 6. Präzisionspunkt | So lange fokussieren, bis der zentrale, durchgehende Spike exakt symmetrisch die beiden äußeren, gekreuzten Spikes halbiert. | Der Zustand der vollständigen Symmetrie markiert den idealen Schärfepunkt. |
| 7. Entfernung | Die Bahtinov-Maske vorsichtig und erschütterungsfrei vom Objektiv entfernen. | Die Maske wird nur zur Scharfstellung benötigt, nicht für die eigentliche Aufnahme. |
| 8. Fixierung | Den Fokusring fixieren (z. B. mit einem Klebeband). | Verhindert eine Fokus-Drift durch Erschütterungen oder Temperaturschwankungen. |
Software-gestützte Fokussierung
Die softwaregestützte Fokussierung repräsentiert die fortschrittlichste und präziseste Methode zur Scharfstellung in der Deep-Sky-Astrofotografie. Sie wird primär in Verbindung mit astronomischen Kameras und Teleskopen verwendet, die über einen Computer gesteuert werden. Hierbei übernimmt dedizierte Software, wie beispielsweise SharpCap oder N.I.N.A., die Kontrolle über den gesamten Fokussierungsprozess. Im Gegensatz zur visuellen oder Masken-basierten Methode stützt sich dieses Verfahren auf quantitative Messungen der Sternschärfe.
Zunächst wird ein hellerer Stern im Sichtfeld des Teleskops ausgewählt und eine kurze Testbelichtung aufgenommen. Die Software analysiert daraufhin automatisch das aufgenommene Sternenbild. Sie berechnet Kennzahlen wie die Halbwertsbreite (FWHM) oder den Halbflankendurchmesser (HFD) des Sterns. Diese Werte quantifizieren, wie konzentriert das Sternenlicht auf den Sensor fällt. Ein niedriger Wert signalisiert einen extrem kleinen und punktförmigen Stern und somit einen idealen Fokus.
Für maximale Effizienz wird oft ein motorisierter Fokussierer eingesetzt, der an den Computer angeschlossen ist. Die Software steuert diesen Motor und verschiebt den Fokuspunkt in winzigen, reproduzierbaren Schritten. Nach jeder Verstellung nimmt die Software eine neue Messung des FWHM-Wertes vor. Die ermittelten Messpunkte werden typischerweise als U-förmige Kurve aufgetragen, wobei der tiefste Punkt der Kurve den optimalen Fokuspunkt markiert.
Der Computer kann diesen Scheitelpunkt der Kurve dann automatisch anfahren, wodurch eine übermenschliche Präzision erreicht wird. Diese automatisierte Vorgehensweise eliminiert nicht nur die Notwendigkeit manueller Eingriffe in der Kälte, sondern gewährleistet auch eine konsistente Schärfe über lange Belichtungsreihen hinweg. Die softwaregestützte Fokussierung ist somit ein Eckpfeiler für die hochauflösende Erfassung schwacher Deep-Sky-Objekte.
Bei der Deep-Sky-Astrofotografie mit Teleskop und Computersteuerung kommen oft Programme wie SharpCap oder N.I.N.A. zum Einsatz.
- FWHM/HFD-Messung: Die Software analysiert einen aufgenommenen Stern und misst seine Halbwertsbreite (FWHM) oder den Halbflankendurchmesser (HFD). Je kleiner dieser Wert ist, desto schärfer ist der Stern und desto besser der Fokus.
- Fokusmotor: Für höchste Präzision werden oft motorisierte Fokussierer verwendet, die über die Software gesteuert werden und extrem feine, vibrationsfreie Anpassungen ermöglichen.
Die softwaregestützte Fokussierung ist die präziseste Methode in der Deep-Sky-Astrofotografie und wird typischerweise in Verbindung mit einem motorisierten Fokussierer und spezialisierter Software (wie N.I.N.A., SharpCap) verwendet, um quantitative Schärfemessungen durchzuführen.
| Schritt | Aktion | Zielsetzung |
| 1. Ausrüstung | Ein motorisierter Fokussierer ist an das Teleskop montiert und mit dem Steuerungscomputer verbunden. | Ermöglicht winzige, reproduzierbare und vibrationsfreie Fokusverschiebungen. |
| 2. Zielauswahl | Auswahl eines helleren Sterns im Sichtfeld, um die Messung zu erleichtern. | Dient als Referenzobjekt für die Schärfeanalyse durch die Software. |
| 3. Messung | Die Software nimmt eine kurze Testbelichtung auf. | Bereitstellung eines Bildes zur Analyse der Sternpunktform. |
| 4. Analyse | Die Software berechnet automatisch Schärfekenngrößen wie FWHM (Halbwertsbreite) oder HFD (Halbflankendurchmesser). | Quantifizierung der Schärfe: je kleiner der Wert, desto punktförmiger und schärfer ist der Stern. |
| 5. Steuerung | Die Software weist den Motor an, den Fokus in definierten Schritten zu verschieben. | Systematische Erfassung von Schärfemessungen an verschiedenen Fokuspositionen. |
| 6. Kurvenerstellung | Die gemessenen Werte werden als U-förmige Kurve (V-Kurve) aufgetragen. | Visualisierung der Schärfe im Verhältnis zur Fokusposition. |
| 7. Optimum | Der tiefste Punkt der U-Kurve wird identifiziert (das Minimum der FWHM/HFD-Werte). | Dieser Punkt repräsentiert den perfekten Fokus. |
| 8. Justierung | Die Software steuert den Motor automatisch auf die ermittelte optimale Fokusposition. | Garantiert höchste Präzision und eliminiert manuelle Einstellungsfehler. |
Wichtiges Zusatzwissen
- Unendlich ist Unendlich: Die Distanz zu Objekten im Sonnensystem oder in anderen Galaxien ist so groß, dass der Fokuspunkt praktisch derselbe ist. Wenn du auf einen Stern fokussierst, sind auch alle anderen Sterne, Galaxien und Nebel scharf.
- Temperaturdrift: Mit sinkender Nachttemperatur können sich Optik und Tubus leicht zusammenziehen. Dies kann den Fokus leicht verschieben (Fokus-Drift), weshalb bei langen Sessions der Fokus regelmäßig überprüft werden muss.