
Mizar und Alkor – Die Augenprüfer
Im Großen Wagen bilden Mizar und Alkor ein enges Sternenpaar. Schon in der Antike galten sie als Test für gute Augen: Wer beide Sterne mit bloßem Auge erkennen konnte, bewies besondere Sehschärfe.
Im Sternbild Großer Bär (Ursa Major), einer der bekanntesten Himmelsfiguren der Nordhalbkugel, befindet sich ein besonderes Sternenpaar, das seit Jahrhunderten die Aufmerksamkeit von Himmelsbeobachtern auf sich zieht: Mizar und Alkor. Sie liegen im „Deichselarm“ des Großen Wagens, jenem charakteristischen Sternenzug, der einen Teil des Großen Bären bildet, und sind schon mit bloßem Auge als eng beieinander stehende Lichtpunkte zu erkennen. Ihre scheinbare Nähe zueinander und ihre gemeinsame Bewegung durch den Raum machen sie zu einem klassischen Beispiel für ein sogenanntes optisches und physikalisches Doppelsystem.
Mizar, der hellere der beiden Sterne, ist einer der bekanntesten Sterne des Großen Bären und war in mehrfacher Hinsicht ein Meilenstein in der Geschichte der Astronomie. Bereits im Jahr 1650 entdeckte man mit einem Fernrohr, dass Mizar selbst ein Doppelsystem ist – das erste überhaupt, das jemals teleskopisch aufgelöst wurde. Spätere spektroskopische Untersuchungen enthüllten, dass auch jeder dieser beiden Sterne selbst wiederum ein Doppelstern ist. Somit besteht Mizar in Wahrheit aus vier gravitativ gebundenen Sternen, die sich gegenseitig umkreisen.
Alkor, der scheinbare Begleiter von Mizar, ist etwas lichtschwächer und etwas weiter entfernt – zumindest aus Sicht eines irdischen Beobachters. Schon in der Antike war das enge Sternenpaar bekannt und wurde von verschiedenen Kulturen zur Prüfung der Sehschärfe verwendet. Im alten Arabien etwa galt die Fähigkeit, Alkor neben Mizar mit bloßem Auge zu erkennen, als Zeichen besonders scharfer Augen. Daher rührt auch sein traditioneller Name „Al-Suha“, was so viel wie „der Vergessene“ oder „der Unscheinbare“ bedeutet.
Lange Zeit war unklar, ob Mizar und Alkor lediglich zufällig nahe beieinander am Himmel stehen oder ob sie auch physikalisch miteinander verbunden sind. Moderne Messungen, insbesondere durch die Weltraumteleskope Hipparcos und Gaia, haben gezeigt, dass beide Sterne nahezu identische Eigenbewegungen und Entfernungen aufweisen. Sie gehören außerdem beide zum sogenannten Ursa-Major-Bewegungshaufen, einer Gruppe von Sternen, die sich gemeinsam durch die Galaxis bewegen und vermutlich aus einer gemeinsamen Ursprungswolke entstanden sind. Es gilt daher heute als sehr wahrscheinlich, dass Mizar und Alkor auch im physikalischen Sinne miteinander verbunden sind – entweder als sehr weit voneinander entferntes Doppelsternsystem oder zumindest als Mitglieder einer lockeren Sternengruppe mit gemeinsamer Herkunft.
Was Mizar und Alkor so besonders macht, ist nicht nur ihre auffällige Erscheinung am Himmel, sondern auch ihr tiefer symbolischer und wissenschaftlicher Wert. Sie stehen exemplarisch für den Fortschritt astronomischer Beobachtungstechniken – von der reinen Sichtbeobachtung mit dem bloßen Auge über die erste Fernrohr-Entdeckung eines Doppelsterns bis hin zu modernen Weltraummissionen, die mit präzisen Messungen unsere Sicht auf den Kosmos revolutioniert haben.
Für Amateurastronomen und Sterngucker sind Mizar und Alkor auch heute noch ein beliebtes Ziel. Sie sind leicht zu finden, bieten mit einem kleinen Teleskop oder Fernglas bereits interessante Einblicke und verbinden auf einzigartige Weise kulturelle Geschichte mit moderner Astrophysik. In ihrem Licht scheint ein Stück Himmelsgeschichte – und der Reiz, die Geheimnisse des Universums zu entdecken, ist bei ihnen bis heute spürbar.
Aufnahmedetails:
Aufnahmedatum: 10.08.2015
Objektiv: Canon EF 4-5,6/ 75-300 mm III EOS Telezoom
Kamera: Canon EOS 700 D
Montierung: iOptron Skytracker
Lichtempfindlichkeit des Kamerasensors: ISO 800
Belichtungszeit: 26 Einzelbilder mit je 90 Sek. (Gesamtbelichtung: 39 Min.)